Ich fahre mit dem Bus zu ihrer letzten Ruhestätte, sie liegt nicht im selben Friedhof wie Richthofen, doch in derselben Stadt. Aber auch wenn, sie würde nichts davon haben, denn sie war nicht an Geschichte interessiert.
Ein amerikanischer Soldat mit Tarnuniform steigt ein, vergewissert sich schnell, dass keine Gefahr für ihn besteht und schläft ein.
Der Bus fährt an modernen Landschaften vorbei.
Links und rechts von mir wird die Bildzeitung gelesen. Fußball, Sex, Mord, Politik. Großer Sieg für Laffo. So nennen sie jetzt Lafontaine. Die „Linke“ scheint im Kommen zu sein, vielleicht werde ich sie doch wählen, um zu sehen, ob sie wirklich meine finanzielle Situation verbessern.
Ein Mädchen wurde 18 Jahre lang gefangen gehalten und systematisch vergewaltigt, irgendwo in den USA. Der Typ links von mir liest gerade das, verweilt verdächtig lange bei dem Artikel. Er hält die Zeitung so, dass ich Nichts außer der Schlagzeile sehen kann.
Es ist eine lange Fahrt, irgendwann verliere ich den amerikanischen Soldaten aus den Augen, bin mit meinen Gedanken woanders und gebe acht auf meine Haltestelle. Barbarossastraße. Da steige ich aus und wechsle zu der Linie 15.
Ich brauche lange, um den Eingang des Friedhofs zu finden. Auch ihr Grab ist ziemlich versteckt, ein Holzkreuz mit ihrem Namen. Sie starb an dem Tag, an dem mein Sohn Geburtstag hat.
Die Person, die neben ihr liegt, ist an demselben Tag gestorben. Das dritte ist ein schönes Grab, ein aufgeschlagenes Buch aus Marmor, mit Namen und Datum.
Blumen, noch brennende Kerzen.
Ich verlasse den Friedhof und suche einen Blumenladen, kaufe zwei Rosen und gehe zurück, hole zwei der Welken heraus und stecke die neuen in die kleinen Kapseln mit frischem Wasser, das ich aus einer nahe liegenden Quelle geholt habe.
Zwei oder drei Minuten lang stehe ich schon vor diesem Grab, kein klarer Gedanke, nur Bilder fallen mir ein. Ich stehe da, das Gewicht auf mein rechtes Bein verlagert, den linken Fuß leicht vorgestreckt, eine seltsame Haltung für jemand, der alleine vor einem Grab steht ...
O.T.
Lieber Klimperer,
eine Barbarossastraße, in der ein Bus Linie 15 hält, gibt es in Wiesbaden; aber ich verstehe nicht recht, welche Bedeutung die Frage überhaupt hat.
Würde es sich um ein Rätsel handeln - etwa die Frage, wo eine berühmte Dichterin, ein berühmter Maler begraben liegt, dann wäre der Sinn der Überschrift klar: ein Rätsel. Doch ich sehe im Text keinen Hinweis, dass das Grab selbst von mehr als rein privatem Interesse ist.
Hält man andererseits dagegen die Passage mit der Bildzeitungsschlagzeile, kommt man zu der Frage, was im Leben überhaupt von allgemeinem Interesse ist und was von privatem. Das hast Du sehr fein eingefädelt.
Ich wollte nur, die Geschichte würde nicht im Titel so auf eine Rätselfrage fokussieren. Zumindest in meiner Lesart lenkt das vom Schwerpunkt ab.
Hier bekommt der Text (absichtlich?) den Tonfall eines Logicals: Der Mann im grünen Haus trinkt Whisky und hat eine Katze. Das gelbe Haus steht neben dem grünen. Die Frau in dem roten Haus hat einen Hund und trinkt kein Wasser ...
Samstagsgrüße
Zefira
eine Barbarossastraße, in der ein Bus Linie 15 hält, gibt es in Wiesbaden; aber ich verstehe nicht recht, welche Bedeutung die Frage überhaupt hat.
Würde es sich um ein Rätsel handeln - etwa die Frage, wo eine berühmte Dichterin, ein berühmter Maler begraben liegt, dann wäre der Sinn der Überschrift klar: ein Rätsel. Doch ich sehe im Text keinen Hinweis, dass das Grab selbst von mehr als rein privatem Interesse ist.
Hält man andererseits dagegen die Passage mit der Bildzeitungsschlagzeile, kommt man zu der Frage, was im Leben überhaupt von allgemeinem Interesse ist und was von privatem. Das hast Du sehr fein eingefädelt.
Ich wollte nur, die Geschichte würde nicht im Titel so auf eine Rätselfrage fokussieren. Zumindest in meiner Lesart lenkt das vom Schwerpunkt ab.
Die Person, die neben ihr liegt, ist an demselben Tag gestorben. Das dritte ist ein schönes Grab, ein aufgeschlagenes Buch aus Marmor, mit Namen und Datum.
Hier bekommt der Text (absichtlich?) den Tonfall eines Logicals: Der Mann im grünen Haus trinkt Whisky und hat eine Katze. Das gelbe Haus steht neben dem grünen. Die Frau in dem roten Haus hat einen Hund und trinkt kein Wasser ...
Samstagsgrüße
Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Hm, schwierig. Ein simpler Titel wie "Friedhofsbesuch" wurde nämlich wieder von der Zentralfrage ablenken: "Ist es für den Leser wichtig, wer hier begraben liegt?" (Immer in meiner persönlichen Deutung natürlich.)
Vielleicht sagt noch jemand anders etwas dazu. Kann sein, dass der Titel genau richtig ist ...
Vielleicht sagt noch jemand anders etwas dazu. Kann sein, dass der Titel genau richtig ist ...

Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
(Ikkyu Sojun)
stellt sich die frage, ob es wichtig ist, wo genau (in welcher stadt) sich dieses grab befindet ...
für mich als leser ist es für die handlung nicht wichtig, und wäre es das, würde ich selbst versuchen herauszufinden, welche stadt hier gemeint ist.
ich finde auch, dass der titel zu sehr vom eigentlichen ablenkt (?)
von dem, was den text ausmacht, die leise reise zu dem grab einer frau, deren beziehung zum protagonisten im unklaren bleibt, so wie vieles neblig bleibt in dem text, was mir aber gerade gefällt.
lg,
diana
für mich als leser ist es für die handlung nicht wichtig, und wäre es das, würde ich selbst versuchen herauszufinden, welche stadt hier gemeint ist.
ich finde auch, dass der titel zu sehr vom eigentlichen ablenkt (?)
von dem, was den text ausmacht, die leise reise zu dem grab einer frau, deren beziehung zum protagonisten im unklaren bleibt, so wie vieles neblig bleibt in dem text, was mir aber gerade gefällt.
lg,
diana
birke hat geschrieben:ich finde auch, dass der titel zu sehr vom eigentlichen ablenkt (?)
von dem, was den text ausmacht, die leise reise zu dem grab einer frau, deren beziehung zum protagonisten im unklaren bleibt
Vllt. könnte man als Titel, den auch ich nicht so optimal finde, nehmen: auf dem Weg
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