Die Kunst der Verführung IIII

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Klimperer

Beitragvon Klimperer » 16.07.2014, 07:57

Über eine Woche war schon vergangen, und es kam keine Antwort von meiner Ärztin. Ich hatte Angst, den Computer zu starten und festzustellen, dass sie mit mir nicht kommunizieren wollte außer auf der Arzt-Patient Ebene.
Und dann war doch eine E-Mail von ihr da, unter der Rubrik "Salzwasser"...

Lieber Herr V,

vielen Dank für Ihren schönen Brief. Viel Zeit bleibt mir tatsächlich nicht zum Antworten, obwohl mir Vieles einfallen würde- von 14. bis 25.07 sind wir ja in Urlaub. Ich hoffe vor allem, dass es Ihnen gut geht und Sie kraft Ihres eigenen Immunsystems folgenlos genesen.
Sie haben exakt die Stelle gefunden, die ich meinte, auf Seite 130. Die Aussage ist nicht spektakulär, aber sehr wahr, und letztlich so dezent wie die ganze Geschichte.
Ihre Erkenntnisse über Männer und Frauen stimmen im Wesentlichen für das, was wir als "normal" ansehen. Wir nennen ja das normal, was gewöhnlich, was häufig ist. Bei manchen Dingen denke ich inzwischen auch "es ist".
Ortega y Gasset habe ich gelesen, vor mehr als 20 Jahren, "Über die Liebe"; habe vieles unterstrichen. Octavio Paz "Die unsichtbare Flamme" und García Márquez "Die Liebe in den Zeiten der Cholera" sind ebenfalls Bücher, an die ich in diesem Zusammenhang denke.
Den "Tod in Venedig" kenne ich -ich glaube wir haben das in der Schule gelesen- Thomas Mann habe ich nicht so gerne gelesen, ich glaube er schrieb Sätze, die über eine ganze Seite gingen, sicher meisterhaft, aber anstrengend damals.
Ein Kino namens Lupe gab es zu meiner Studienzeit in Heidelberg auch, das hätte ich aber ohne Ihre Erwähnung der LUPE 2 in FFM aber nicht erinnert. Auf jeden Fall ist der Tod in Venedig ein sehr ergreifendes Liebesthema.
Es gibt einen modernen Autor, den ich ganz besonders schätze, das ist Botho Strauss, geb. 1944.
Das erste Buch, das ich 1981 mit Begeisterung las, war "Paare, Passanten", eine Sammlung von Kurzprosa, zeitgeistige Inhalte, sehr intellektuell und sprachlich perfekt dargebracht. Ein Exzerpt aus dem letzten Buch, das ich von ihm gelesen habe, hänge ich als Datei an (zum o.g. Thema). Ich muss allerdings sagen, dass Botho Strauss keine leichte Kost und nicht wirklich erbaulich ist.

Soweit -viele Grüße

I.

ecb

Beitragvon ecb » 18.07.2014, 19:39

Nun ja, an Humor und Ironie darf es bei diesem Thema nicht fehlen, wenigstens hatte Thomas Mann wohltuend von beidem.
Ein bißchen nüchtern (Botho Strauss) stellt dich deine Angebetete wieder auf die Füße, scheint mir, sie wollte wohl einfach nicht verführt werden. Daran muß natürlich am Ende alle Kunst scheitern. :pfeifen:

Liebe Grüße
Eva

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 19.07.2014, 01:35

Vielen Dank, Eva, für deine Rückmeldung!

Du hast die Geschichte auf den Punkt gebracht: Alles was folgt ist nur ein harmloser Briefwechsel.

Was es nicht heißt, für mich, dass es umsonst war: Ich habe viel von ihr gelernt.

Ich danke dir.

Carlos

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Zefira
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Beitragvon Zefira » 19.07.2014, 01:43

Lieber Carlos, ich denke - gerade im Hinblick auf das Briefzitat hier im letzten Abschnitt -, es täte der Geschichte vielleicht gut, wenn Du Dich von dem tatsächlich Erlebten lösen würdest, um einen effektvolleren Schluss zu gestalten.
Der letzte Abschnitt ist mehr oder weniger das, was man "name dropping" nennt, ein weitgehend kommentarloses Zitieren von Namen und Titeln. Wer selbst Erlebtes erzählt (ich gehe mal frech davon aus, dass Du mehr oder weniger an der erlebten Realität entlang geschrieben hast; wenn nicht, korrigiere mich einfach), gerät immer irgendwann in den Konflikt, ob er beim Erlebten beliben oder eine effektvolle Geschichte gestalten will. Denn das Leben bringt es selten so präzise "auf den Punkt", wie man das von einer Erzählung nun mal erwartet.
Ich finde die Grundkonstellation (das geheimnisvolle Fieber; die Blut abzapfende Ärztin, der Versuch der Verführung durch ein Buchgeschenk) interessant genug, noch etwas damit zu arbeiten, vielleicht einen interessanteren Schluss zu finden?

Erhitzte Grüße
Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 19.07.2014, 11:09

Vielen Dank, Zefira!

Ich habe lange überlebt, wie ich diese Geschichte interessanter gestalten könnte. Vielleicht fällt mir etwas ein, ich muss weiter denken.

Es ist nicht einfach, aus einem Briefwechsel eine Novelle zu machen. Ich werde dran arbeiten.

Liebe Grüße

Carlos

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.07.2014, 13:07

Hola Carlos,
Klimperer hat geschrieben:Ich habe lange überlebt, wie ich diese Geschichte interessanter gestalten könnte.
Netter Vertipper. ,-)
Ich gehe nicht mit Zefi konform. Würdest du aus dem tatsächlich Erlebten jetzt eine "interessantere" Geschichte künstlich erschaffen, ginge für mich die Authentizität verloren.
Im übrigen: immerhin hat sie mit I. unterschrieben und nicht mir Dr. so und so. Das ist doch schon was. ,-)

Saluditos
Gabriella

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 20.07.2014, 09:46

Hola Gabriella!

In der Tat, ich überlebe noch!

Danke für deine Rückmeldung und für deine Zustimmung.

Manchmal muss ich denken, womit verbringe ich meine Zeit, während woanders Menschen verhungern oder gewaltsam sterben, diese literarische Beschäftigung ... Dann aber lese ich, dass irgendwelche Leute "in den Container gehen werden", und eine Veranstaltung nach der anderen angeboten wird, wo es hauptsächlich um Alkoholkonsum und Essen geht. Kurzum, ich sehe keinen Grund, Gewissensbissen zu empfinden und fahre mit meiner stillen Tätigkeit fort.

Was den Briefwechsel mit der Ärztin betrifft, mache ich erstmal eine Pause, um darüber zu meditieren.

Tu amigo

Carlos


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