Herr Plott

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Klimperer

Beitragvon Klimperer » 19.04.2014, 01:41

Jemand klaute gestern die Mütze von Herrn Mohl. Er glaubt, es sei eins der Kinder gewesen, von der Schulklasse, die ins Museum kam. Ich hatte Aufsicht im "Pavillon". Herr Plott löste den Polen im "Mittelalter" ab und kam kurz rüber zu mir. "Ich war gestern in Schwalbach", sagte er. "Haben Sie dort zu Mittag gegessen?" "Nein, nur Kaffee getrunken". Dann sei er, zu Fuß, nach Ingelheim und nach Gau-Ingelheim gegangen. Dieser letzte Name erinnerte mich an sie ...
Herr Plott läuft immer hin und her während er redet, guckt auf seine Schuhspitzen, verschränkt die Arme vor seine Brust, tut so, als ob er weg geht, und dreht sich plötzlich wieder um ...

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nera
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Beitragvon nera » 19.04.2014, 14:09

was will dieser text erzählen klimperer? ebenso wie die andere "herr"-geschichte? ich steh auf dem schlauch.

lg

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.04.2014, 14:41

Hola Carlos,

so für sich allein geben diese kleinen Episoden oder Einblicke ins Leben einer Museumsaufsicht nicht allzuviel her, finde ich. Vielleicht solltest du diese in eine Art Reihe hintereinander setzen? Dann könnte das ganz interessant werden. Auch fände ich es gut, wenn du die einzelnen Museumsräume mit ein bisschen Hintergrundinformation unterfütterst, so dass das Ganze auch sehr informativ und man als Leser so einiges über die Geschichte von Mainz erfahren würde. Was meinst du?

Saluditos
Gabriella

Mucki
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Beitragvon Mucki » 19.04.2014, 14:51

Für so eine Reihe würde sich übrigens der Lit|Blog gut eignen, Carlos.

Du könntest es z.B. "Aus dem Leben einer Museumsaufsicht" nennen oder so ähnlich. ,-)

RäuberKneißl

Beitragvon RäuberKneißl » 19.04.2014, 15:15

??? Ich finde den Text sehr gelungen und sprechend, er hat doch alles, was eine Prosa-Miniatur braucht? Ein kleines Rätsel 'sie ...', die am Schluss geschilderte Gestik als Antwort, ein knapp, aber klar geschildertes Setting des Kommens - Gehens - Fast-Gehens, die Spekulation am Anfang wie am Ende, Korrespondenzen, mir denen sich spielen lässt (lässt 'sie ' gelegentlich auch die Kälte an den Kopf, wie die verloren gegangene Mütze ...)
Grüße
Räuber

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nera
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Beitragvon nera » 19.04.2014, 15:33

da kann ich nicht mitgehen räuber, kommt mir vor, wie des königs neue kleider??

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 20.04.2014, 10:32

Hallo Nera, Gabriella, RäuberKneiß!

Vielen Dank für eure Rückmeldungen.

Drei Personen, drei Meinungen ...

Diese Tagebuchartige Aufzeichnungen liegen weit in der Vergangenheit, ein gutes Drittel der Akteure sind mittlerweile tot. Das Museum selbst, so wie ich es erlebte, existiert, nach einer gründlichen Renovierung, nicht mehr. Es ist verschwunden, so wie das Museum, das vor dem Krieg existierte.
Wenn ich ein Bild sehe, weiß ich noch, wo es vor zwanzig Jahre hing.
Mit keiner Frau verbrachte ich so viele Stunden, wie mit einer hübschen jungen Mainzerin, mit ihrem Porträt aus dem Ende des 19. Jahrhunderts. Am Anfang kam sie mir ziemlich arrogant vor, aber mit der Zeit lernte ich sie lieben.

Ein paar von den genannten Aufzeichnungen lassen sich (sie sind ja so kurz!) unbeschwert lesen. Ihr werdet sehen.

Euer

Klimperer

ecb

Beitragvon ecb » 20.04.2014, 20:18

Der Kontrast zwischen dem Bewahrenden, dem Museum und seiner Hüter, und dem Kommen und Gehen von Zeit und Menschen, zwischen der Ehrwürdigkeit des Ortes und dem Banalen (geklaute Mütze) und dem alltäglichen Erleben seines Personals machen für mich den Reiz dieses kleinen Textes aus, er zeigt das offene und geheime Leben in der (vermeintlich) toten Welt des Museums.
Ich mag diese Miniaturen, wie sie sind, sie laden mich als Leser zum Miterleben ein.
Für mich geht es hier nicht um Erzählen oder Beschreiben, sondern um etwas anderes, weniger Greifbares.

Liebe Grüße
Eva


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