Eine Entscheidung wird vorbereitet.

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Benutzeravatar
Hetti
Beiträge: 485
Registriert: 31.03.2011
Geschlecht:

Beitragvon Hetti » 19.10.2012, 13:27

Sophie verließ den Fahrstuhl und schlug die Richtung zu ihrer Abteilung ein. Es war noch früh, vor 8 Uhr und deshalb beeilte sie sich, zügig ihren Arbeitsbereich zu erreichen. Glück gehabt, die drei Räume ihrer Abteilung waren menschenleer. Erleichtert markierte Sophie mit ihrer Umhängetasche und dem Notebook ihren Lieblingsarbeitsplatz als belegt und fuhr noch im Stehen den PC hoch. Dann erst hängte sie die Jacke an den Haken und warf einen prüfenden Blick hinüber zu ihrem Postfach im Wandregal. Kann alles warten, befand sie. Erst einmal begab sie sich in die Küche, setzte Wasser auf und überbrückte die Wartezeit bis zum Kochen mit einem Gang zur Toilette.

Wenige Minuten später saß Sophie mit einer Tasse Tee vor dem Computer und checkte Mails. Erst die privaten, dann die dienstlichen. Die gestrige Mail von Christoph. Sollte sie zu ihm hinüber gehen, damit er wusste, dass sie da war? Sein Auto hatte schon auf dem Parkplatz gestanden, als sie ankam.

Gerade in diesem Augenblick schaute Christoph durch die Tür: „Ach, da bist du ja schon, Sophie. Dann können wir uns gleich besprechen. Aber erst einmal guten Morgen. Hast du denn wenigstens einigermaßen ruhig geschlafen?“

„Geht so, deine Mail und deine letzten Bemerkungen gestern haben mich total belastet. Ich fühle mich so unverstanden.“

„Sophie, die Entscheidung, wie du am besten fährst, kannst allein nur du selbst treffen. Nur du kannst die Feinheiten des Falles die feststellen.“

„Das hörte sich gestern aber anders an. Ganz unmissverständlich hast du mir zu verstehen gegeben, ich soll mich aus dem Fall zurückziehen. Wir überlassen die Entscheidung der Schule, das war deine Ansage.“ Beunruhigt registrierte Sophie, wie es in ihr zu kochen begann. Jetzt nur nicht mit unkontrollierten Emotionen das Gespräch versauen. Am liebsten hätte sie aber geweint und wie ein kleines Mädchen Schutz gesucht. Bevorzugt bei jemanden, der sie an ihren Vater erinnerte. Aber dieser jemand saß ihr gegenüber und fuhr gerade die sachliche Schiene. Deshalb setzte sie fort: „Du hast gestern klipp und klar gesagt, dass für uns nur die Meinung der Lehrerin maßgeblich ist.“

Freddie, hatte die letzten Sekunden am Türrahmen gelehnt und zugehört. „Moin, Chris. Alles klar?“ „Eher nicht, wir haben Probleme an der Elsenringschule“. „Was denn los, Sophie? Erzähl mal. “

Freddie kam nun ganz in den Raum und setzte sich an den Arbeitsplatz gegenüber von Sophie. Er mochte sie und interessierte sich für ihre Angelegenheiten. Augenblicklich sah sie aus, als wenn sie Beistand brauchen könne.

„Ach großes Elend. Und ich mitten drin. Einer meiner Schüler soll die Schule ohne Hauptschulabschluss die Schule verlassen. Und das ist eine riesengroße Schweinerei.“ Jetzt liefen die Gefühle doch aus dem Ruder, Sophie spürte, wie ihr Unterkiefer zu zittern begann. Freddie anblickend atmete sie tief durch. „Ich kann kaum darüber reden, so nimmt mich das mit. Ich versuche es. Chris kann mich dann ein bisschen korrigieren. Nicht wahr, Chris?“ Sie blickte ihn herausfordernd an, erwartete aber nicht ernsthaft auf eine Reaktion..Stattdessen begann sie zu berichten:

„Diesen Schüler betreue ich seit 12 Monaten. Seine Eltern bekamen die Empfehlung von dem damaligen Klassenlehrer Herrn Albers, ihn die achte Klasse wiederholen zu lassen. Es war eine Empfehlung wohlgemerkt, der Junge hatte keinesfalls ein so schlechtes Zeugnis, das er nicht versetzt werden wäre.“

„Das ist jetzt aber nur eine Vermutung von dir, Sophie“.

„Nein Chris, das ist keine Vermutung,“ fuhr Sophie ihn an, „das weiß ich hundertprozentig. Albers selber und die Eltern haben mir das von Anfang an so dargestellt. Und das er diese Empfehlung gab, hing damit zusammen.“ Ab dieser Stelle verlor Sophie Faden und analysierte zusammenhangslos und aufgebracht den sozialen Hintergrund des Schülers. Der Vater komme aus einer kinderreichen Familie, fast alle seine Geschwister bezögen Harz IV und seien in der Gemeinde als problematisch bekannt. Er rackere aber und versuche seinem Sohn ein anderes Leben vorzuleben, damit dieser bessere Perspektiven im Leben erhalte."

„Ja und was ist mit dem Jungen? Weshalb macht der jetzt keinen HSA?“ Freddie versuchte Sophies zu bremsen und wieder auf das eigentliche Thema zu bringen. „Das ist kompliziert zu erklären. Was ich jetzt darlege, ist der neuen Klassenlehrerin und Albers schon seit Monaten bekannt. Nur mir hat niemand Bescheid gesagt. Ist es da ein Wunder, dass ich rumtobe?“

Sophie schlug mit der geballten Faust auf den Tisch. Aber es war klar, dass bald andere Kollegen auftauchen konnten. Wenn diese anfingen, sie auszufragen und, da war sie sicher, ihre Empörung nachempfanden, würde sie einen Riesenkrach mit Chris lostreten, vor allen Leuten. So weit durfte es nicht kommen. Sophie konzentrierte ihre Gedanken und fasste für Freddie zusammen:

Der Schüler habe ihr von Anfang an Probleme bereitet. Zunächst hatte er das Klassenziel der achten Jahrgangsstufe wieder nicht erreicht, diesmal auch formal nicht, mit zwei fünfen auf dem Zeugnis. Deutsch und Sport, beides Fächer der neuen Klassenlehrerin. Für den Schüler bedeutete das Nachprüfung im Anschluss der Sommerferien. Schon damals habe Sophie sich tierisch geärgert, dass so etwas überhaupt möglich sei, aber diese, wie sie es im Stillen auslegte, Schikane, gutwillig als pädagogisches Manöver der Lehrerin ausgelegt. Während der Sommerferien habe sie, Sophie, dann ihre Arbeit gemacht: Deutschnachhilfe für Dennis organisiert, mit dem Vater und dem Schüler ein Sporttrainingsprogramm ausgearbeitet und die ganzen sechs Wochen lang darauf geachtet, das bei der Nachprüfung nichts schiefgehen konnte. Ging auch nicht, wie denn auch bei ihrem Engagement. Dennis erhielt in beiden Fächern eine drei. Irgendwie schien alles in Ordnung. Schien. Ab November aber begann der Schüler massiv die Schule zu schwänzen. Sophie habe sich richtig reingehängt, mehrfach morgens zusammen mit der Mutter am Bett des Schülers gestanden und ihn bekniet, in die Schule zu kommen. Den Schulpsychologischen Dienst eingeschaltet. Dann rief eines Tages die Mutter an und berichtete, die Klassenlehrerin habe ihren Sohn gefragt, was er denn noch in der Schule wolle, er sei doch schon sechzehn, er könne einfach wegbleiben, wenn keinen Bock mehr habe. Da habe Sophie den ersten großen Fehler gemacht: Sie hätte das der Schulaufsicht melden müssen, aber nee, sie sei ja immer so kooperativ, deshalb habe sie nur ein bisschen, aber erfolgreich, schulintern interveniert Daraufhin besserte sich die Lage Zusehens, diverse hochmerkwürdige Einzelheiten überspringe sie jetzt mal, die HSA - Prüfungen kamen, der Schüler auch, und plötzlich, während die Matheklausur noch geschrieben wurde, habe die Klassenlehrerin sie im Flur abgefangen und mit der Mitteilung überrascht, Dennis habe die HSA-Prüfung nicht bestanden.

„Kannst du dir das vorstellen? Der hatte erst Deutsch und Mathe geschrieben, Mathe war noch in vollem Gange und die erzählt mir er wäre durchgefallen? Also da habe ich dann nicht mehr reflektiert, sondern nur noch gehandelt. Im Schulamt angerufen und mich beim Schulrat erkundigt, wie so etwas möglich sei“ Sophie kämpfte vor aufsteigender Wut mit den Tränen.

„Jetzt habe ich vergessen zu erwähnen, dass der Schüler nicht in Englisch beschult wurde und deshalb als Ersatz für die entsprechende HSA-Prüfung eine Präsentation zu einem Thema seiner Wahl abhalten sollte. Das war früher möglich, bei schwachen Schülern.“

“Ja und da liegt jetzt der Knackpunkt“, griff Christoph ein, „Diese Regelung, dass Schüler nicht in Englisch beschult werden, wurde letztes Schuljahr aufgehoben. Voraussetzung für die Erlangung des HSA-Abschlusses ist jetzt das erfolgreiche Ablegen einer Englischprüfung. Dieser Umstand kam bei Sophies Telefonat mit dem Schulrat zur Sprache. Der war aufgebracht, wieso in diesem Schuljahr jemand entlassen wird, ohne in Englisch beschult worden zu sein. Davon wisse er nichts. Der Schüler könne keinen HSA-Abschluss machen. Das sei jetzt ausgeschlossen.“

„Ja, und da ist mir plötzlich eingefallen, dass es ein böses Gerücht an der Schule gibt. Dennis habe damals die achte Klasse nur wiederholen sollen, damit in seiner neuen Klasse genügend Schüler seien, um eine Teilung zu rechtfertigen. Die Klasse wurde inzwischen auch geteilt, und damit hat die Schule ein höheres Lehrerkontingent. Und eine Planstelle für einen Klassenlehrer mehr. Mit dieser gedanklichen Kombinationsleistung bin ich dann zum Schulleiter, Herrn Kortig. Der wurde leichenblass und hat mir nach einigem Hin- und Her zugesichert, dass der Schüler in jedem Fall den HSA bekäme, wenn ich mich nur nicht noch einmal an den Schulrat wende. Er werde das schon drehen. Auf diesen Deal bin ich eingegangen, warum auch nicht. Zwar haben sich die beiden Klassenlehrer schweinisch verhalten, aber ausbaden müsste es der Schulleiter. Der ist fortschrittlich und ich arbeite gut mit ihm zusammen, warum sollte ich ihn ans Messer liefern?“

„Ja, dann ist doch alles bestens, oder?“ fragend blickte Freddie von einem zum anderen. „Ich verstehe nicht, wo ist das Problem?“

Jetzt liefen Sophie doch die Tränen über das Gesicht: „Das Problem liegt darin, dass die Schulkonferenz, bestehend aus sechs Lehrern, beschlossen hat, dass sie Dennis den HSA einfach nicht zuerkennt. Die pokern. Und haben nichts zu verlieren. Denn wenn ich mich jetzt noch einmal an den Schulrat wende und die ganze Sache auffliegen lasse, bekommt nur Kortig den Ärger. Und der wirft vielleicht das Handtuch, bei all dem Mist ,den er zu managen hat. Und genau das wollen sie.“

„Hat der Schulrat sich nicht von sich aus noch einmal gerührt? Der war doch inzwischen involviert?“ hakte Freddie nach.

„Nein, der lässt den Schnee doch auch lieber leise rieseln,“ verächtlich zog Sophie die Nase hoch. „Hat jemand ein Taschentuch?“

Suchend blickten die beiden Männer sich um. In einem der Regale stand eine Rolle Küchenpapier. Chris riss einen Streifen ab und reichte ihn, mit tiefen fürsorglichen Blick in Sophies Augen, hinüber.

„Dieses Dilemma diskutieren wir gerade. Sophie fühlt mit dem Schüler. Ihr geht es um die erlittene Ungerechtigkeit des Schülers. Mir geht es um die Kooperation mit der Schule. Und um Sophie. Denn wenn sie eine Beschwerde nach oben reicht, kann das an der Schule die Hölle für sie werden.“

1 x geändert, an vielen Stellen :sad: , 28.10.2012
Zuletzt geändert von Hetti am 28.10.2012, 18:23, insgesamt 1-mal geändert.

Nifl
Beiträge: 3915
Registriert: 28.07.2006
Geschlecht:

Beitragvon Nifl » 25.10.2012, 20:34

Hallo Hetti,

Es war noch früh, vor 8 Uhr und deshalb beeilte sie sich, zügig ihren Arbeitsbereich zu erreichen.

da habe ich gestutzt... "früh sein" als Begründung zum "Beeilen", später wird es ja klar, aber in dem Moment liest es sich schräg.

Glück gehabt, keine weiteren Teamkollegen

wieso "weitere"?

und die drei Räume der Abteilung leer.

Ok, also keine Geister im Gebäude (zuviel des Guten)

Erleichtert markierte Sophie mit ihrer Umhängetasche und dem Notebook ihren Lieblingsarbeitsplatz als belegt und fuhr noch im Stehen den Rechner hoch.

markieren? Habe da so ein Foto mit gelben Schnee. Reichte das nicht:

Erleichtert belegte Sophie mit ihrer Umhängetasche und dem Notebook ihren Lieblingsarbeitsplatz und fuhr noch im Stehen den Rechner hoch

Rechner hoch fahren gefällt mir auch irgendwie nicht

Kann alles warten, befand sie. Erst einmal begab sie sich in die Küche, setzte Wasser

erst verbreitet der Text Hektik und dann plötzlich "slomo"

und überbrückte die Wartezeit bis zum Kochen mit einem Gang zur Toilette.

ist das wichtig?

Sollte sie zu ihm hinüber gehen, damit er wusste dass sie da war? Sein Auto hatte schon auf dem Parkplatz gestanden, als sie ankam.

Er gehört also nicht zur Abteilung?

Nur du kannst die Feinheiten des Falles die feststellen.

Nun denke ich an eine Kanzlei

Ganz unmissverständlich hast du mir zu verstehen gegeben, ich soll mich aus dem Fall zurückziehen.

Spricht sie wirklich so? Klingt nicht echt für mein Ohr. Abgesehen vom "verständlich"<->"verstehen".
"Du hast mir doch ganz klar geschrieben/zu verstehen..."

wie es in ihr wieder zu kochen begann.

wieso "wieder" ... bisher weiß ich nur vom Wasser

nur nicht mit unkontrollierten


Am liebsten hätte sie aber geweint und wie ein kleines Mädchen Schutz gesucht.

menno, wieso denn? Gerade eben hat sie doch alle Freiheitsgrade bekommen?

Bevorzugt bei jemanden,


und fuhr gerade die sachliche Schiene. Sie fuhr fort


„Moin, Chris

aber nicht nett, dass er nur Chris grüßt

Einer meiner Schüler

hä, doch keine Kanzlei? Aber auch keine Lehrer? Sozialarbeiter?

Jetzt liefen die Gefühle doch aus dem Ruder, vor innerer Erregung zitterten Sophies Unterkiefer.

Versuche mal von solchen Erklärungen weg zu kommen und lasse den Leser auch ein bisschen Raum. Davon ab: "Gefühle laufen aus dem Ruder" ist sehr grob. Ich will nur lesen: "Sophies Unterkiefer zittert" . Sie hat ja auch nur einen Unterkiefer, oder? Und wie nun Sofie oder Sophie?

Ich breche hier mal ab. So müsste man den ganzen Text durchforsten.

Die Story nimmt mich leider auch gar nicht mit. Ich bekomme kein Gefühl für die Figuren und kann die starken benannten Emotionen überhaupt nicht nachempfinden. Du solltest viel "szenischer" werden und lieber die Handlung nicht so konstruiert verzwickt gestalten, dafür dem Leser Freiraum bieten, ihn selbst vermuten lassen und ihm nicht alles vorkauen, dazu gehört auch der Schüler als Lebewesen und nicht nur als Akte.

Ne, so ist das leider nichts für mich.

Gruß
Nifl
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Benutzeravatar
Hetti
Beiträge: 485
Registriert: 31.03.2011
Geschlecht:

Beitragvon Hetti » 25.10.2012, 22:24

Hallo Nifl,

herzlichen Dank, dass du dich ausführlich mit meinem Text auseinandergesetzt hast.

Vieles von dem, was du schreibst, ist unbestreitbar. Gegen Ende schlägst du vor: „Du solltest viel "szenischer" werden und lieber die Handlung nicht so konstruiert verzwickt gestalten“. Den Schüler stelle ich nur dar als „Akte“. Das aber ist gerade mein Problem/Anliegen, warum ich diese Passage hier eingestellt habe,

denn:
Der Text ist nur ein Ausschnitt aus einer etwas längeren Erzählung, an der ich arbeite. Ich habe gerade diese Passage eingestellt, weil ich vor der erzählerischen Schwierigkeit stehe, wie ich den „Fall“, die begangene Ungerechtigkeit, darstelle, ohne ihn ausführlich darzustellen. Ich will nämlich keine Erzählung über den Jungen schreiben, sondern über Schulsozialarbeit, über die Beziehungen zwischen Sophie, Christoph und Freddie und insbesondere über das ansatzweise beschriebene Dilemma, wie Sophie sich entscheiden wird, warum und wie die Entwicklung dafür vorbereitet wird.
Dennoch muss ich den Vorfall einarbeiten, deshalb habe ich nach einigem Hin und Her dieses Gespräch zwischen den drei Akteuren entwickelt, und dann, um noch mehr zu verkürzen, einen Teil des Falles in indirekter Rede dargestellt (Sophie fasst für Freddie zusammen.. )

Ja, und genau darauf erhoffte ich mir durch den Salon eine Antwort: Ist das ein geschicktes Vorgehen? Den „Fall“ in einem überschaubaren Gespräch abzubilden und dann in der indirekten Rede noch mehr zu verkürzen? Zuvor hatte ich versucht, die Situation in der Schule „nachzuspielen“, also den Schüler, die Lehrer u.s.w. in den Mittelpunkt gestellt. Diesen Punkt, wie du es einforderst „szenischer“ abgebildet. Aber dann wird alles zu langatmig und ist für meine Intention nicht geeignet. Ich will wie gesagt nicht die Geschichte des Jungen erzählen, sondern die der Schulsozialarbeit, Sophie, deren Entscheidung….

Zu deiner weiteren Kritik:
Zunächst beginne ich mit der Beschreibung einer Sequenz eines Arbeitsalltags. Das ist mir wichtig, schließlich schreibe ich kein Gutachten, sondern eine Erzählung (von der ich aber nur einen Ausschnitt eingestellt habe.). Und im Arbeitsalltag der Schulsozialarbeit ist es eben so, dass es viele Arbeitsorte gibt: Hauptbüro, Schulbüros, u.s.w. Und da gibt es nicht immer einen festen Arbeitspatz wie beispielsweise für den Sachbearbeiter beim Finanzamt. Davon soll der Leser etwas erfahren. Weil er womöglich nichts davon weiß. Den Rechner lasse ich hochfahren, weil ich so auf Lebendigkeit hoffe. So geht es eben zu im wahren Leben. Gleichzeitig stehe ich natürlich vor dem Problem, dass der ganze Plot irgendwie fiktiv ist. So wie ich es erzähle, muss es nicht in der Wirklichkeit sein, es ist kein Gutachten, keine Reportage. Ich experimentiere da noch.

„Weitere Teamkollegen passt also nicht? Ich meinte neben Sophie sind noch keine weiteren Kollegen da. Falsch? Und ja, ich lese das jetzt auch so, wenn keine weiteren Kollegen da sind, sind die Räume leer. :-) . Ob ich „“markieren“ stehen lasse oder „belege“, wie du es vorschlägst, einzufügen, muss ich mal überdenken. Aber „Rechner hochfahren“‘? Klar man fährt den Rechner hoch. Es ist umgangssprachlich, soll es aber auch sein. Und erst herrscht Hektik, dann Slomo, wenn du so empfindest, ist es richtig. „Er“, Christoph, gehört nicht zur Abteilung, er ist der Chef, der große Chef sogar. Kann dir aber aus dem vorliegenden Abschnitt nicht klarwerden, dass verstehe ich. Vielleicht hätte ich das also Erläuterung zum Text hinzufügen sollen. Irgendwo in den FAQs stand aber, man solle das besser nicht machen, sondern den Text so wirken lassen, wie er ist.

Jawohl, taffe Frauen wollen weinen und suchen Schutz wie kleine Mädchen. Nix mit menno. Dies wird eine Erzählung, die sich nicht von neuen Tabus einschränken lässt. Also Nifl, dass musst du mir zubilligen, kann gut sein, das du von Literatur „herstellen“ mehr verstehst als ich. Von Frauen verstehe ich mehr. Und die durch und durch starke Frau ist von einem „Foto mit gelben Schnee.“ Habe mir deine Worte geliehen.

Ich glaube, ich verstehe deine Intention und stimme dir in vielem zu. Die Sätze müssen ausgefeilter sein. Nächstens würde ich mein Textarbeitsanliegen vielleicht genauer präzisieren. Damit sich niemand über Wortwiederholungen wie „Fuhr“ aufhalten muss. Andererseits habe ich das Forum nicht als „Veröffentlichungs-Plattform“ verstanden, wo der fertige Text präsentiert wird. Habe ich vielleicht missverstanden. Andererseits ist die Textarbeit ja ein Riesenthema im Salon... Und ich habe den Text bewusst in das Forum gestellt, welches für einzelne Kapitel vorgesehen ist. :neutral: .

Ich habe Rat gesucht in einer konkreten Schreibsituation.

Nochmals vielen Dank für die Beschäftigung mit meinem Text. Bin ich jetzt eigentlich klüger hinsichtlich meines Hauptanliegens? Noch nicht. Aber in vielem Anderen.
Liebe Grüße
Dede

Nifl
Beiträge: 3915
Registriert: 28.07.2006
Geschlecht:

Beitragvon Nifl » 26.10.2012, 19:43

Hui Hetti,

Ich habe gerade diese Passage eingestellt, weil ich vor der erzählerischen Schwierigkeit stehe, wie ich den „Fall“, die begangene Ungerechtigkeit, darstelle, ohne ihn ausführlich darzustellen.

hm. Also wenn mich die Tränen deiner taffen Cabriofrau berühren sollen, dann muss ich sie verstehen. Sie und ihre Beweggründe. Da reicht es mir nicht, wenn eine intrigante Situation runtererzählt wird. Das Mittel der Wahl wie du das erreichst, ist vermutlich gar nicht so relevant. Szenisch dem Jungen Leben einhauchen ist wohl die einfachste Möglichkeit, dem Leser Empathie zu entlocken. Du kannst berichten, dass Millionen Kinder sonstwo verhungern und es interessiert niemanden, zeigst du aber ein einziges wie es -vielleicht tapfer- seine letzten Minuten lebt, kannst du einen Sturm an Emotionen auslösen. So wie du es erzählt hast, ist mir das Schicksal a) vom Jungen egal, b) von Sophie: "mein Gott ja, das war fies, aber davon geht die Welt nicht unter (Luxusprobleme), jeder verliert mal". Und um ein Gefühl für eine Figur zu erzeugen, braucht es mE. auch keine langatmigen Szenen, dann musst du eben mal dichter erzählen (weglassen, dass der Protag auf Klo geht zB.) Oder du verlässt Sophie gar nicht, stellst eine Parallelität von ihr zu dem Jungen her. Vielleicht hat sich auch mal jemand dafür eingesetzt, dass sie ihren Hauptschulabschluss bekam ... und ohne den hätte sie nicht weiterkommen können, dem Kreislauf entrinnen können, wäre geendet wie ihre Mutter (oder was weiß ich).

Bin gespannt, wie du das lösen wirst und würde mich freuen, wenn du weiter Abschnitte einstelltest. Weiß dann auch, dass Korinthen im Moment noch nicht relevant sind.

Gruß
Nifl
"Das bin ich. Ich bin Polygonum Polymorphum" (Wolfgang Oehme)

Benutzeravatar
Zefira
Beiträge: 5728
Registriert: 24.08.2006

Beitragvon Zefira » 28.10.2012, 00:30

Hallo Hetti,
wenn ich Dich richtig verstanden habe, willst Du nicht eigentlich die Dennis' Geschichte erzählen, sondern eine Situation, in der Sophie stark engagiert ist, aber wegen eine Intrige um mehr oder weniger bürokratischer Vorteile willen nichts erreicht.
Dann bin ich mir nicht sicher, ob Dennis' Geschichte dafür das richtige Mittel ist. Ich habe den Text mehrmals lesen müssen, um halbwegs zu verstehen, was da passiert ist - was für mich heißt, ich habe mich auch sozusagen ziemlich stark engagieren müssen, um Zugang zu dem Text zu finden ;o) Wenn dann aber Dennis' Geschichte gar nicht das Thema ist, dann fühle ich mich ein wenig, wie soll ich sagen, umsonst herausgefordert.
Da ich nicht den gesamten Text kenne, weiß ich nicht, welchen Stellenwert die Geschichte um Dennis darin hat, aber wenn Du eine so komplzierte Entwicklung erzählst, sollte sie schon entscheidend wichtig sein für den Fortgang der Geschichte und nicht nur als Illustration oder Hintergrund dienen.

Grüße von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Benutzeravatar
Hetti
Beiträge: 485
Registriert: 31.03.2011
Geschlecht:

Beitragvon Hetti » 28.10.2012, 18:24

Hallo Zefira,

herzlichen Dank für dein großes Engagement. Wie gesagt, es war ein Versuch, ein Experiment. Dennis’ Schicksal spielt eine tragende Rolle in der Geschichte, die aber nicht seine ist, sondern Sophies. Und es soll kein Roman werden. Sondern nur eine überschaubare Erzählung!!!! Ich hoffte, mit dem konstruierten Gespräch den Fall darstellen zu können. Experiment gescheitert, Labor in Trümmern. Ob Sophie nichts erreicht, ist an diesem Punkt der Geschichte aber noch nicht raus. Ich bin optimistisch. Jedenfalls werde ich nichts dergleichen mehr im Salon einstellen. Versprochen. Löschen ist ja nicht gestattet.

Liebe Grüße
Dede

Benutzeravatar
Hetti
Beiträge: 485
Registriert: 31.03.2011
Geschlecht:

Beitragvon Hetti » 28.10.2012, 18:27

Hallo Nifl und Zefira,

den Text habe ich teilweise überarbeitet, aber im kleineren Rahmen. Füllworte wie nämlich, aber, auch und so weiter gestrichen und einige Sätze neu formuliert. Fuhr/fuhr korrigiert. Insgesamt geglättet. Hoffe ich. Vorläufig bleibt jedoch der Grundaufbau in der ursprünglichen Fassung. Ich nehme mir die Kritik zu Herzen, aber zu den oben aufgeführten Gründen kommt noch, dass dies das erste Mal ein Text ist, in dem ich in größerem Umfang mit wörtlicher Rede, bzw. indirekter Rede arbeite/experimentiere. Den „Fall“ abbilden in wörtlicher Rede/indirekter Rede, es war ein Versuch. Der Text ist eben missglückt, ein missgestaltetes Kind, wie jemand schrieb. Hat für mich aber seine Daseinsberechtigung und wird von mir weiterhin gehegt. Derweil blicke ich nach vorne und versuche ich mich an anderen Stellen der Geschichte. Irgendwann muss ich sowieso alles im Ganzen überarbeiten. Werde hier aber nichts Unfertiges mehr einstellen.

LG Dede

Benutzeravatar
Zefira
Beiträge: 5728
Registriert: 24.08.2006

Beitragvon Zefira » 28.10.2012, 20:04

Hallo Hetti,
also für mich ist es kein Problem, dass der Text unfertig ist; ich habe auch schon Unfertiges hier eingestellt. (Vielleicht wäre die Textwerkstatt der bessere Platz dafür, aber das nur nebenbei.)
Ich habe eben versucht, mir das Gesamtkonzept vorzustellen. Du willst Sophies Berufsalltag schildern und eine spezielle Art von Gestresstheit, die (vermute ich mal) zu dem Fazit führt, dass es so nicht weitergehen kann, und zu einer wie auch immer gearteten beruflichen Umentscheidung. Es geht also nicht um die Einzelheiten des Falles sebst, sondern um die Auswirkungen auf Sophies Nervenkostüm oder Seelenzustand.
Du schreibst, es geht auch um die Beziehungen zwischen Sophie, Freddie und Christoph. Ist denn das Gespräch mit den Kollegen wichtig für das Gesamtkonzept?
Falls nicht, würde ich es nämlich mal damit versuchen, eine sehr geraffte Schilderung des Falles in einer eher narrativen Form darzustellen, also weg von der Einzelsituation, sondern als Entwicklung; und dabei Sophies Arbeit, ihr Mühen und das gefühl der Vergeblichkeit stärker in den Vordergrund zu rücken. Sophie arbeitet mit dem Schüler die Ferien hindurch, damit er Nachprüfung machen kann, obwohl schon das ja eigentlich das Letzte ist ... aber gut, man muss vorwärts schauen ... und er schafft es wahrhaftig. Große Freude! Aber dann der Einbruch im nächsten Schuljahr. Wieder muss Sophie hinfahren, ihm zureden, ihn ermutigen; sie läuft zum Schulpsychologen, sie tut und macht ... und dann fällt ihr die Klassenlehrerin in den Rücken. Sauwut! Aber es geht ja um den Schüler, sie bemüht sich weiter, arbeitet mit ihm, er ist willig, es geht gut ... und dann die Sache mit der Englischprüfung! Das darf doch nicht wahr sein, war jetzt alles umsonst?? Und so weiter. So wie der Text jetzt formuliert ist, berichtet er äußerst sachlich, da Sophie ihre Emotionen nach Möglichkeit zu verbergen versucht, aber mir scheint das der falsche Weg, weil genau diese Gebremstheit der Gefühle den Leser zum Zuhörer statt zum Mit-Fühler macht.

Ich hoffe, ich kann mich verständlich machen ...


Grüße von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Benutzeravatar
Hetti
Beiträge: 485
Registriert: 31.03.2011
Geschlecht:

Beitragvon Hetti » 29.10.2012, 20:53

Hallo Zefira,

vielen Dank für deine Nachricht. „Textwerkstatt“, das ist eine gute Idee. Dieses Forum ist noch gar nicht richtig in meinen Fokus geraten. Dort passen auch Überlegungen zum Textfragment (die ich jetzt Stückchenweise nachliefere) im Vorfeld gut hinein.

Ja, ich glaube ich verstehe, was du mir sagst. Jedoch: Geht es mir um Sophies Berufsalltag? In einer gewissen Weise schon, aber nicht um Stress oder Frustration in konkreten Alltagssituationen. Auch nicht um eine berufliche Neuorientierung oder Sophies Nervenkostüm.

Wie ich im letzten Absatz schreibe, steht die Entscheidung an, ob Sophie das unkorrekte Verhalten der Lehrer / der verantwortlichen Schulleitung an die vorgesetzte Behörde weitergibt. Oder ob sie schweigt und somit am Komplott gegen den Schüler beteiligt ist. Es gilt abzuwägen, welche Konsequenzen die jeweilige Entscheidung nach sich ziehen wird für die betroffenen Lehrer, für den Schulleiter, für den Schüler, für dessen Vater, für Sophie. Meldet Sophie, besteht die Gefahr, an der Schule als Nestbeschmutzerin betrachtet zu werden Schweigt sie, kann es sein, dass sie für lange Zeit ihre Selbstachtung verliert (Schuldgefühle entwickelt und in einem Burn-Out endet, dass muss der Leser sich dann aber denken, darüber schreibe ich auf keine Fall. Vielleicht als Option.).

Auf die Beziehung zwischen Sophie, Chris und Freddie kann die Geschichte meines Erachtens nicht verzichten: Christoph, ihr Vorgesetzter, hat bei der Entscheidung auch ein Wörtchen mitzureden, er trägt Verantwortung: die Kooperation mit der Schule ist zu gewährleisten, gleichzeitig hat er Arbeitgeberfürsorgepflichten gegenüber seiner Mitarbeiterin. O.k. den Flirt könnte ich rauslassen, aber will ich das? Nein. :smile: . Und Freddie wird gebraucht, weil er zuständig ist fürs Bildungscontrolling, und diesen Job ziemlich ernst nimmt.

Wenn ich narrativ Sophies Stress mit dem Schüler und den Lehrern darstelle, empfinde ich das Gesamtensemble als zu langwierig. War meine Überlegung. Deshalb das Verdichten, damit Platz geschaffen wird für das oben angerissene Dilemma, über das ich viel lieber nachdenke und schreibe.

Nochmals, herzlichen Dank, dass du dich mit meinem Text auseinandergesetzt hast. Dir ist er zu sachlich. Haare raufen :sad: Ich frage mich: Will ich Mitfühler oder Zuhörer? Ich werde darüber nachdenken.

Liebe Grüße
Dede

Benutzeravatar
Zefira
Beiträge: 5728
Registriert: 24.08.2006

Beitragvon Zefira » 29.10.2012, 22:11

Hallo Hetti,
wenn Dennis' Geschichte das Unterfutter für Sophies aktuelle Konflikte sind, dann brauchst du aber eine genaue Schilderung. Das wäre jetzt ähnlich wie in einem Krimi (entschuldige den Vergleich, ich bin begeisterte Krimileserin), in dem eine alte Schuld, ein Familienkonflikt o.ä. aktuell ein Verbrechen auslöst. Es bringt in so einem Fall nichts, bei der Schilderung der "Grundlage" sparsam sein zu wollen.
Vielleicht kannst Du einen Teil situativ schildern, einen anderen wie gehabt im Gespräch mit den Kollegen.

Grüße von Zefira
Vor der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.
Nach der Erleuchtung: Holz hacken, Wasser holen.

(Ikkyu Sojun)

Benutzeravatar
Hetti
Beiträge: 485
Registriert: 31.03.2011
Geschlecht:

Beitragvon Hetti » 30.10.2012, 06:23

Hallo Zefira,
danke. Genau das habe ich mir heute Nacht auch überlegt.
Einen schönen Tag wünsche ich dir.

LG Dede

Klimperer

Beitragvon Klimperer » 10.03.2013, 16:48

Hallo Hetti,

zwei Mal habe ich deine Geschichte gelesen, dann die Kommentare von Nifl und Zefira.

Es kann gut sein, dass sie größtenteils Recht haben. Bevor ich ihre Kritiken las, war ich eher von deiner Geschichte sehr mitgenommen. Auch das Erzähltempo fand ich gut.

Im allgemeinen haben die Menschen für Alltagsbeschreibungen nichts übrig, sie wollen keine Realität sondern Märchen erzählt bekommen. Das erklärt den Erfolg von Dingen wie Harry Potter.

Ich war geneigt, hier eine versteckte Liebesgeschichte zu entdecken.

Nun, ich bin ja nur ein Lehrling, werde nie aufhören zu lernen.


LG

Carlos

Benutzeravatar
Hetti
Beiträge: 485
Registriert: 31.03.2011
Geschlecht:

Beitragvon Hetti » 11.03.2013, 14:19

Hallo Carlos,

schön, dass dir die Geschichte gefallen hat, bevor du die Kommentare von NiFL und Zefira gelesen hast :mrgreen: . Meine Sophie – Geschichte verwirrt den/die Leser/in vielleicht deshalb, weil auch sie Bestandteil eines etwas größeren Ganzen ist. Und: Für mich ist gerade die literarische Auseinandersetzung mit dem Alltag reizvoll, auch als Leserin.

Freut mich, dass dir das Tempo gefällt, mir nämlich auch. Deine Neigung, eine versteckte Liebesgeschichte zu entdecken, weist in die richtige Richtung :smile: .

Liebe Grüße
Dede


Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: Bing [Bot] und 12 Gäste