Nach den Häutungen 1
Lisas Ball
„Wie? Was? Ach, Lisas Abiball. Ja, der war ganz toll.“.
Lisa war das älteste von Katrins drei Kindern und hatte vor kurzem ihr Abitur bestanden. Der Notendurchschnitt lag bei 2,8, für Katrin war das o.k. Wieder einmal hatte sie erfolgreich eine Hürde genommen. Neue Aufgaben bekamen rasch größere Bedeutung in ihrem Alltag, der Abiball war in ihrem Bewusstsein etwas verblichen.
„Was hatte sie sich denn zum Anziehen ausgesucht, deine Lisa? Erzählt doch mal.“ Gespannt blickten die Kaffeegäste, zwei Nachbarinnen aus dem Haus und eine Kollegin, abwechselnd von Lisa zu Katrin.
Florian, der Jüngste, kam ins Wohnzimmer um Hallo zu sagen. Katrin griff nach der Thermoskanne und begann Kaffee einzuschenken. „Du, der Florian, der sah toll aus. Wie ein richtiger Mann.“ Angeregt erzählte sie: “Er hatte ein wirklich schickes Sacco gekauft, dazu eine Hose, Krawatte. Stattlich sage ich euch. Richtig stattlich.“ Sie lächelte und warf einen anerkennenden Blick auf den Sohn. „Er wurde aber auch sehr gut beraten, bei Richter und Martens. Da wird er bestimmt noch zu anderen Gelegenheiten fündig.“
Katrin wies mit der freien Hand auf ihren Jungen und fragte in die Runde: „Ist das nicht ein Prachtbursche? Wie groß der geworden ist. Ein langes Elend, sage ich immer“, lachte sie vergnügt. Sie vergegenwärtigte sich den Abiball und wie glücklich sie über Flori gewesen war. Er machte so eine gute Figur in Gesellschaft. Natürlich schob sich jetzt das Gesicht von Fabian vor ihr inneres Auge und trübte die angenehme Erinnerung. Sie kannte das, mit einer kleinen Anstrengung verscheuchte sie ihn aus ihren Gedanken.
Katrin hantierte mit Tortenheber und Kuchenstücken, ohne die Aufmerksamkeit auf Florian zu verlieren. Er war ihr ganzer Stolz und wer ihn kannte, musste ihr Recht geben. Nach der Scheidung vor zehn Jahren hatte sie das große Glück gehabt, bei der Konrad-AG angestellt zu werden. Als Biologin ohne Berufserfahrung - die erste Schwangerschaft kündigte sich zum Ende der Diplomarbeit an und leitete eine längere Familienpause ein - war es nicht leicht gewesen, beruflich und privat Fuß zu fassen. Aber es gelang, wie letztlich alles gelang, jedoch immer unter großen Mühen.
Die Freundinnen saßen, mit Kaffee und Kuchen versorgt, um den Tisch und sahen hinüber zu Lisa. „Ich hatte aber auch ein schönes Kleid an,“ sprang sie der Mutter zur Seite. „Nicht war, Mama?“ „Natürlich mein Kind. Sehr schön. So, lasst es euch schmecken. Ich hoffe, es ist genug von allem da.“
Lisas Ball
Hallo Dede,
ja, nur keine Liebe für ihre Tochter Lisa. Zeilen, die mich traurig und nachdenklich machen. Wie oft müssen Kinder um die Liebe und Anerkennung ihrer Mutter (oder ihres Vaters) kämpfen ... Du berührst mit diesem Text bei mir einen "wunden Punkt". Leider geschieht das genau so in vielen Familien.
Saludos
Gabriella
Hetti hat geschrieben:Ich hoffe, es ist genug von allem da.“
ja, nur keine Liebe für ihre Tochter Lisa. Zeilen, die mich traurig und nachdenklich machen. Wie oft müssen Kinder um die Liebe und Anerkennung ihrer Mutter (oder ihres Vaters) kämpfen ... Du berührst mit diesem Text bei mir einen "wunden Punkt". Leider geschieht das genau so in vielen Familien.
Saludos
Gabriella
Hallo liebe Gabriella,
vielen Dank für deinen Kommentar. Ja, die Eltern. Wenn sie uns Schmerzen zugefügt haben, dann richtig. Wir können das nie so ganz vergessen oder gar darüberstehen.
Erstaunlich finde ich, dass es auch heute noch Mütter gibt, die ihre Söhne mehr wertschätzen und lieben als die Töchter. Die Mädchen werden weiterhin weniger geachtet, trotz des Wandels des gesellschaftlichen Frauenbildes und der gewachsenen Möglichkeiten der beruflichen und persönlichen Entwicklung der Frauen in unserer Generation. Der Sohn ist die Sonne geblieben, um den sich alles dreht.
Ich habe keine Tochter, sondern einen Sohn und kann in der Hinsicht einmmal nichts verkehrt machen, ich Glückliche. Ich vermute aber, dass die Erhöhung der Jungen nicht auf einen persönlichen Mangel der Mütter zurückzuführen ist. Oder auf deren unterentwickeltes Gerechtigkeitsempfinden. Geschlechtergerechtigkeit zu schaffen ist ein heikles Geschäft mit dem wir noch ein paar Generationen lang beschäftigt sein werden.
Hoffentlich kommt diese Intention in dem Text ein bisschen rüber.
Viele liebe Grüße
Dede
vielen Dank für deinen Kommentar. Ja, die Eltern. Wenn sie uns Schmerzen zugefügt haben, dann richtig. Wir können das nie so ganz vergessen oder gar darüberstehen.
Erstaunlich finde ich, dass es auch heute noch Mütter gibt, die ihre Söhne mehr wertschätzen und lieben als die Töchter. Die Mädchen werden weiterhin weniger geachtet, trotz des Wandels des gesellschaftlichen Frauenbildes und der gewachsenen Möglichkeiten der beruflichen und persönlichen Entwicklung der Frauen in unserer Generation. Der Sohn ist die Sonne geblieben, um den sich alles dreht.
Ich habe keine Tochter, sondern einen Sohn und kann in der Hinsicht einmmal nichts verkehrt machen, ich Glückliche. Ich vermute aber, dass die Erhöhung der Jungen nicht auf einen persönlichen Mangel der Mütter zurückzuführen ist. Oder auf deren unterentwickeltes Gerechtigkeitsempfinden. Geschlechtergerechtigkeit zu schaffen ist ein heikles Geschäft mit dem wir noch ein paar Generationen lang beschäftigt sein werden.
Hoffentlich kommt diese Intention in dem Text ein bisschen rüber.
Viele liebe Grüße
Dede
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