Mein Mann im Mond

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
Rosebud

Beitragvon Rosebud » 09.05.2010, 16:15

Gelöscht.
Zuletzt geändert von Rosebud am 01.02.2014, 14:07, insgesamt 1-mal geändert.

Sam

Beitragvon Sam » 14.05.2010, 09:37

Hallo Rosebud,

es wundert mich wirklich, dass dieser wunderbare Text bisher unkommentiert blieb.

Ich habe lange überlegt, wie man diesen Text beschreiben könnte. Herzhafte Melancholie? Sinnliche Trauer? Geerdetes Totengedenken?

Sei es, wie es sei. Der Text berührt mich, weil - und damit sind wir wieder bei dem Thema, das mich durch die vielen Kommentare zu meinem Großmuttertext, aber auch den Texten von Renée und Marion die letzten Tage sehr beschäftigt - es auch hier um das Thema Tod und den Umgang damit geht. Überhaupt nicht verkopft allerdings, sondern auf einer ganz persönlichen Ebene. Was hier beschrieben wird, und zwar vortrefflich und gekonnt be- und geschrieben, ist der Versuch etwas zurückzuholen, das für immer verloren ist. Ohne Pathos allerdings, sondern voller Ironie, die aber den Schmerz trotzdem nicht verbirgt. Er wird nicht angesprochen, aber gezeigt, indem man als Leser erfährt, was die Erzählerin verloren hat. Und zwar so anschaulich, poetisch auch, dass jener Schmerz für mich als Leser fühlbar wird.

Sehr gelungen auch das Ende. Jene Frage "du bleibst lieber tot?", als wäre es die Entscheidung des Toten nicht zurückzukehren. Eine doch sehr sympathische Art der Distanzierung, die auf alles verzichtet, was ich z.B. in meinen Text gepackt habe. Für mich also die genaue Kehrseite der Medaille, die ich sehr gerne betrachtet habe.

Gruß

Sam

Mucki
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Beitragvon Mucki » 14.05.2010, 13:40

Hallo Rosebud,

das Thema Tod geistert hier gerade ziemlich hartnäckig im Forum herum. Und ich finde es sehr spannend, wie unterschiedlich die Ansätze und die Ausarbeitungen sich gestalten.
Du beschreibst hier sehr lebhaft und auf eine trotzige, sehr sympathische Weise den Monolog einer Frau mit ihrem toten Mann. Es liest sich so natürlich. Besonders gefällt mir, wie die Frau ihren toten Mann bittet, die Geschichte vom Wildschwein zu erzählen. Und dass er das und das nicht vergessen möge. Damit erzählst du dem Leser bereits die Geschichte vom Wildschwein.
Der ganze Monolog kommt, trotz seiner Schwere, trotz des Schmerzes, der durch alle Poren sickert, so leicht daher. So leicht, wie sie die Kanne Tee trinkt. Und ich denke mir: am nächsten Tag wird sie wieder eine Kanne Tee kochen und wieder wird sie mit ihrem toten Mann sprechen. Es ist ihr Ritual geworden, eine Selbstverständlichkeit, als wäre er gar nicht tot. Und dennoch weiß sie sehr wohl, dass er tot ist. Dennoch wird sie niemals aufhören, mit ihm zu reden, als säße er neben ihr. Und jeden Tag wird sie die Geschichte vom Wildschwein hören wollen.
Und genau DAS berührt mich. Dieses trotzige Festhalten und damit Aufzeigen, wie sehr sie ihn geliebt hat und ihn deshalb nicht loslassen kann. Deine Zeilen schmerzen auf der einen Seite und doch ist da so viel Leichtes, Natürliches.
Sehr fein geschrieben.

Saludos
Gabriella

immekeppel

Beitragvon immekeppel » 14.05.2010, 14:03

hallo rosebud,

beim lesen mein eigener gedanke dazu: es sind stets die beziehungen, die wir nicht haben ausleben können, welche uns am meisten binden. obgleich es hier auch das aufrechterhalten ist eines vertrauten und somit liebgewonnen bildes von zweisamkeit

hat auch mich sehr berührt, vor allem diese selbstverständlichkeit, mit der hier eine möglichkeit des umgangs mit dem tod erzählt wird

gruß
marion

Rala

Beitragvon Rala » 15.05.2010, 20:28

Hallo Rosebud,

dieser Text ist wirklich wundervoll. Aus all den Gründen, die meine Vorredner schon genannt haben, und auch deshalb, weil all diese Erinnerungssplitter, so wie du sie hier eingebaut hast, so echt und nachvollziehbar wirken. Diese assoziative Aneinanderreihung von Details und kleinen gemeinsamen Erlebnissen vermittelt gut, wie nah der Erzählerin dieser Mann noch sein muss; es sind irgendwie genau die Dinge, aus denen enge Beziehungen bestehen, mehr als irgendwelche großartigen Ereignisse. Um es kurz zu machen: In den Text könnte ich mich reinlegen.

Liebe Grüße,
Rala

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 16.05.2010, 09:53

Liebe Rosebud,

die anderen haben die Stärke des Textes ja schon hervorgehoben. Mir gefällt außerdem, wie der Text gegen das Klischeeempfinden des Mann in Mon-Bildes immun ist, es lesbar bleibt (oder besser wieder wird mit diesem Text), das machen auch die vegetativen, etwas trotzig-kräftigen Bilder dazu. Und um an Sams Bezüge zum Tod anzuknüpfen: Ich finde, du hast es mit diesem Bild kunstvoll hinbekommen, das Gespräch mit einem Toten sinnlich (dick und rund und voll wie mancher Mond) zu erzählen - und das finde ich sehr gelungen, denn ich (kaum Erfahrung mit Trauer) habe da dran denken müssen, dass für den jeweiligen Trauernden der Verstorbene ja nicht einfach nur da war, sondern eben so, wie auch um mich die wichtigen Menschen da sind, mit ihren Gerüchen, ihrer Verspieltheit, den Neckereien und der Lust. Diese Gegenwart des "Wir" wird für mich in dem Gespräch des Textes gehalten.


liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Rosebud

Beitragvon Rosebud » 16.05.2010, 12:15

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Zuletzt geändert von Rosebud am 26.06.2015, 15:53, insgesamt 1-mal geändert.

Klara
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Beitragvon Klara » 01.06.2010, 13:18

Gott, ist das schön... Es läuft mir schauerlich den Rücken und die Oberarme herunter, so viel Gefühl, so viel Traurigkeit, so viel wärme, in einem kleinen Text.

Gut, dass die Themenliste zur Monatswahl mich hier noch hingeführt hat - kommt für mich auf Prosaplatz 1 :)

Rosebud

Beitragvon Rosebud » 02.06.2010, 17:41

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