Was der Vermieter in seinen Berechnungen vergaß

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Peter

Beitragvon Peter » 20.12.2009, 11:21

Was der Vermieter in seinen Berechnungen vergaß

Drei hundert und einen Bewohner meinte der Besitzer zu besitzen. Dass er sich aber unrechtmäßig als Vermieter gab, weder Anrecht auf das Haus noch auf das Grundstück besaß, kam durch den Vertreter der Behörde ans Licht, der sich für diesen Samstag angekündigt hatte, um kleinere und mittlere Unstimmigkeiten zu klären, die sich bei der Abrechung „über die Verhältnisse“ ergeben hatten.

Der Besitzer führte den Vertreter der Behörde durchs Haus, er zeigte ihm die Anzahl der Zimmer (ungefragt) sowie die Mietverträge, gezeichnet von seiner Hand (ungefragt). Er legte sogar die Verträge vor, die sich auf den Kauf des Grundstücks und des Hauses bezogen. Anscheinend war dem Besitzer das Anliegen des Vertreters nicht deutlich, oder dass es ihm zu deutlich war und er es hinauszuzögern versuchte.

Die Frage schien, inwiefern sich der Besitzer innerhalb eines Gesetzes bewegte. Die kleineren und mittleren Unstimmigkeiten warfen diese Frage auf. Aber was für Unstimmigkeiten waren das? Dass sie sich auf etwas Grundsätzliches bezogen, schien der Vermieter zu spüren. Aber dass sie am Ende zur Folge hatten, dass der Vermieter vertrieben wurde und Haus und Grundstück und Mieterschaft in die Vernichtung geriet, war von ihm doch keinesfalls vorauszusehen. Ja, selbst als die Vernichtung ausgesprochen war und das Haus in Flammen stand, blieb noch immer die Frage übrig, warum dies geschehen war.

Die Anlage diente als Unterkunft berühmter Persönlichkeiten. Kein Wohnraum, in dem nicht ein Politiker mit Status, ein ausgezeichneter Filmstar oder ein bedeutender Künstler lebte. Auch dies ein Grund, warum sich der Vermieter zuversichtlich zeigte. Schließlich würde man es doch nicht wagen, gegen eine solche Protektion kleinere und mittlere Unstimmigkeiten anzuführen. Und wenn, waren über solche Beziehungen immer Auswege zu finden.

Ob der Vermieter daher die Anzahl der Zimmer zeigte und an manchem stehen blieb, auf dass der Vertreter in den Begriff des Namens käme, der sich in zierlicher Schrift an der Eingangstür befand? Und führte er ihn deswegen durch die Gartenanlage, sah er sich deswegen so aufmerksam um, um von da und dort eventuell einen einflussreichen Politiker heranzuziehen?

Nur dass sich der Vertreter nicht sonderlich dafür interessierte. Kaum dass er aufblickte, als sie vor einer der Eingangstüren standen. Er trug einen schwarzen Aktenkoffer; auffällig die abgetragenen Sandalen, die gar nicht zu seinem schwarzen Anzug passten. Wie er da neben dem Vermieter einher schritt, dieser selbst in glänzender Kleidung, gab er doch eine recht kümmerliche Figur ab. Wie sollte man ein solches Männlein von Weltbürgertum, Offenheit und Größe überzeugen?

Ob der Vermieter ihn daher zu den sachlichen Kaufverträgen führte? Ließ er ihn daher vor den Regalen stehen, in denen sich, sorgfältig aufgereiht, alle nur möglichen Berechungen befanden? Hier sei alles, was er brauche, sagte der Vermieter, ließ ihn stehen, bot ihm nicht mal den Stuhl an, und verließ den Raum. Hier werde er sich einfinden und am Ende alles gut heißen, wollte er sich beruhigen. Und schließlich war an den Berechnungen doch nichts zu finden; so war es von andrer Stelle bereits überprüft. Nur dass den Vertreter auch dies nicht sonderlich interessierte. Als der Vermieter wieder zurückkam, stand er noch immer an derselben Stelle. Nur den Kaufvertrag schien er berührt zu haben, denn er lag um den einen Deut verrückt.

Ich lag in meinem Zimmer, als der Vermieter, den ich sonst nur als gemächlichen Menschen kannte, zur Tür hereinstürzte und irgendwelche Worte von sich gab, die ich erst gar nicht verstand. Das Feuer war noch nicht ausgebrochen, aber dass die Vernichtung bereits angekündigt schien. Ich sah, dass im Gang mehrere Türen offen standen. Der Vermieter versuchte auf seine Protektion zu setzen. Welche Rolle ich dabei spielen sollte, war mir nicht klar. „Ausweg, Ausweg!“, so ich mich erinnere, war das Wort, das der Vermieter fortwährend um sich her warf. Er war blass „bis auf die Knochen“ sagt man, glaube ich, wodurch seine farbige, luxuriöse Kleidung beinah clownesk wirkte. „Ausweg, Ausweg!“ Dabei stand ihm der Schweiß auf der Stirn und seine Hände waren fahrig. Ich sollte nun also auch helfen; doch wobei? Oder wie konnte ihm meine Stimme nützen?

„Feuer!“, rief es schon. Der Vermieter stolperte hinaus. Alles brannte, selbst das Wasser brannte, als ich aus dem Fenster sah. Die Bäumchen in hellen Flammen. Die Wasserspiele : Feuer-Geysiere; bläulich und glühend rot. Schon beinah war es Abend und daher eine dunkle Leinwand hinter das Feuer trat und das Feuer, schien es mir nur so?, wundersame Zeichen in die Abendluft schrieb. Alles brannte. Der Garten fauchte. Die Bäumchen wanden sich im Feuerlicht. Asche sank aus den Blumen. Zu Asche zerfiel der Pavillon. Hell war es im Zimmer. Hell wurde es im Haus.

Aber was war dies nun? Warum diese Freude unter den Bewohnern? Warum war der Vermieter der einzige, der floh? Warum neigten wir anderen uns in die Glut? Zwei sah ich von uns, die im Garten gingen unter den Flammen, sie hielten Hand. Und einen, der durch die Wände schritt. Und einen, der in das glühende Rot sah, als wäre es sein Spiegel. Feuer! rief ich, Feuer! Brenn!
Zuletzt geändert von Peter am 21.12.2009, 14:12, insgesamt 3-mal geändert.

aram
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Beitragvon aram » 20.12.2009, 13:16

lieber peter,

mit äußerstem, größten vergnügen gelesen.

ganz klare, bisweilen eigene sprache, klares tempo, erzählen. alles da.

(außerdem würde ich mich sehr über einen besuch von dir in berlin freuen, in diesem häuschen hier, solange es noch steht. ich bin verblüfft und denke, du würdest einiges dieser geschichte ziemlich getreu wiederfinden.)

einzige kleine auffälligkeiten: "Die Frage schien, inwiefern sich der Besitzer innerhalb eines Gesetzes bewegte. Jene kleineren und mittleren Unstimmigkeiten schienen das in Frage zu stellen." - 2x schien in kontext zu frage - und "bat ihm nicht mal den Stuhl an" - so gewollt, oder 'bot'?

innige grüße.

Peter

Beitragvon Peter » 20.12.2009, 14:20

Lieber aram,

das freut mich sehr.

Ja, es muss "bot" heißen, ich ändere es gleich. Zur zweiten Auffälligkeit muss ich noch überlegen, wie man diese Wiederholung umgehen könnte.

Danke für dein aufmerksames Lesen, und dass der Vermieter des Berliner Hauses in seinen Berechnungen nichts vergaß und es also stehen bleiben darf, wünscht

mit lieben Grüßen

Peter

Sam

Beitragvon Sam » 20.12.2009, 16:36

Hallo Peter,

ich bin da ein wenig ratlos, was deinen Text angeht. Selbst nach wiederholtem Lesen, habe ich das Gefühl, ihn nicht wirklich verstanden, bzw. falsch verstanden zu haben. Als würde ich aus Unwissenheit bestimmte Zeichen überlesen, die ein wichtiger Schlüssel sein könnten.

Für mich ist das ganze eine Schilderung eines Irrenhauses, das sich selbst überlassen wurde. Auch der Vermieter und der Behördenvertreter sind Insassen, die sich in einer Rolle wähnen, so wie anderen alle Bewohner sich für wichtige Persönlichkeiten halten. Dazu gehört offensichtlich auch der Erzähler. Anders kann ich mir auch die Sprache des Textes nicht erklären. Sie ist nämlich nicht nur eigen, sondernch empfinde sie an manchen Stellen als schlichtweg falsch bzw. arg vernachlässigt. Und das ist man von dir ja nun so überhaupt nicht gewohnt. Auf der anderen Seite sind da echte Perlen enthalten.

Bestes Beispiel:
Aber dass sie am Ende zur Folge hatten, dass der Vermieter vertrieben wurde und Haus und Grundstück und Mieterschaft in die Vernichtung geriet, war ihm doch keinesfalls vorauszusehen.


Bis zum Wort "geriet", ist es ein Satz wie die besten von Thomas Bernhard. Aber danach "war ihm nicht vorauszusehen". Das "ihm" bezieht sich wohl auf den Vermieter. Jemanden etwas voraussehen, klingt eigenartig, vor allem wenn es passiv gesetzt ist, wie in diesem Satz.
Solche Stellen gibt es mehrere.

Ich gehe davon aus, dass diese eigenartige Sprache einen Sinn bzw. Zweck in der Geschichte haben muss, komme letztendlich aber nicht dahinter. Es sei denn, ich habe mit einer Vermutung bezüglich des Irrenhauses (ich weiß, der Begriff ist nicht p.c., aber hier erscheint er mir passend) recht. Ich musste unwillkürlich an Poes Doctor Tarr und Professor Fether denken, ohne das mir diese Assoziation allerdings irgendwie weitergeholfen hätte.

Mal sehen, ob von anderer Seite noch Erhellendes gesagt wird.

Liebe Grüße

Sam

Peter

Beitragvon Peter » 20.12.2009, 17:40

Hallo Sam,

immer wieder eine Freude, deine Auseinandersetzungen mit den Texten in diesem Forum zu lesen (wenn ich das vorausschicken darf).

Es ging mir auch selbst so, dass ich mich fragte, von welcher Sprache dieser Text nun eigentlich ist, bzw. dass ich im Schreiben die Mühe hatte, überhaupt eine Sprache aus diesen, wie könnte man sie nennen? Satzstimmungen herauszulesen. Mir kam der Einfall, dass ich beschäftigt sei, Moleküle miteinander zu verbinden, die den Hauch lang des Sagens stabil bleiben, danach aber zurück in ihre Quelle verfallen, in irgendeinen Monolog, der da ein absurdes Gebilde an Mög- oder Unmöglichkeit um mich her auftreibe. Mit erzählender Sprache, so sich der Text ja gibt, hat das vielleicht gar nichts zu tun; es wäre eher der Versuch, etwas zu ummanteln mit scheinbarer Sprachdichte, was da aber selbst überaus flüchtig ist.

Deshalb mir solche Texte dann auch plötzlich verpuffen; aber dass ich doch die Hoffnung hege, dass sich darin eine Verzweigung befindet, die an einen wesentlichen Kern rührt. - Also so meine eigenen Zweifel.

An ein Irrenhaus hatte ich selbst nicht gedacht, aber doch an eine Absurdität, die sich daraus ergibt, dass sich "Dinge" nur scheinbar in einem Besitz befinden, dass sie in ihrer Eigentlichkeit einer Bennennung oder Bezeichnung harren, die zumeist dem vorherigen Umfang ihrer Deutung extrem widerspricht.

- das "ihm" werde ich streichen, ich war daran auch unsicher.

Mit lieben Grüßen

Peter

Rosebud

Beitragvon Rosebud » 20.12.2009, 20:19

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Zuletzt geändert von Rosebud am 26.06.2015, 18:19, insgesamt 1-mal geändert.

Peter

Beitragvon Peter » 21.12.2009, 08:39

Ein schöner Text

... und noch ein schönerer Kommentar!

Vielen Dank Rosebud.

Groteske mag mir zur Einordnung des Textes sehr gefallen. Auch dass du hervorhebst, wie hier heiterer Ton mit eigentlich grausamem Sujet Hand in Hand einhergeht, trifft sich mit meiner Intention. Dieser Ton, um es vielleicht anzumerken, scheint sich mir dadurch zu ergeben, dass, wie nun also im obigen Text, das Grund-Etwas in Frage gestellt wird und damit auch die Auslegung dieses Grundes ins Wanken gerät, wodurch plötzlich allerlei Spielformen auftauchen (können), die losgelöst von der einförmigen Auslegung heiter sind an einer Stelle, wo nun eigentlich Traurigkeit oder gar Furcht angebracht wäre. "Delikatessen" ist da vielleicht ein schönes Beispiel. Soweit ich mich erinnere, spielt er nach einem Atom-Krieg; also auch hier eine Vernichtung, ohne es aber zu weit treiben zu wollen, die absurde Interpretationen aus einer gewohnten Lebensweise schafft. Die Frage ist vielleicht, wenn wir nun also nicht gebunden wären an diese Gründe, an die wir gebunden sind, wie würden sich dann unsre Anschauung verändern? Wahrscheinlich gliche es dem, von einer Schwerkraft losgelöst einer Frage oder einem Dasein zu begegnen, das sich bisher gar nicht oder nur verborgen/ traumhaft gezeigt hat. - So noch als kleine Anmerkung.

Mit lieben Grüßen

Peter

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ferdi
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Beitragvon ferdi » 21.12.2009, 13:13

Hallo Peter!

Gut geschrieben, kein Zweifel, und auch gern gelesen von mir. Aber irgendwie ist damit auch schon alles gesagt, so dass doch ein leichtes Unbehagen bleibt, eine gewisse Leere?!

Na ja, dann eben noch kurz etwas zur Sprache ;-) Du nimmst dir hier zu recht, geschickt und wirksam nicht zu übersehenden Freiraum - trotzdem empfinde ich, als alter Verächter des "das(s)" Abschnitte wie den hier...

...waren das? Dass sie sich auf etwas Grundsätzliches bezogen, schien der Vermieter zu spüren. Aber dass sie am Ende zur Folge hatten, dass

... eher als störend denn als stimmig.

Gegen das von Sam angsprochene war ihm doch keinesfalls vorauszusehen wäre für mich übrigens nichts zu sagen; wenn man es sich in Normalprosa als war von ihm doch keinesfalls vorauszusehen denkt und sich dann daran erinnert, dass die Klassiker oft den Dativ statt eines Präpositionalgefüges gewählt haben, scheint doch nichts dagegen zu sprechen?! Was Kleist etwa bei was ich dir fühle recht ist, kann dir allemal billig sein, oder?!

Ferdigruß :-)
Schäumend enthüpfte die Woge den schöngeglätteten Tannen. (Homer/Voß)

Peter

Beitragvon Peter » 21.12.2009, 14:11

Hallo Ferdi,

ja, es muss!:-) Aber weil ich doch demütig genug bin, Kleist'sche Wundersprache nicht in diesen Text ziehen zu wollen, schreib ich mal "von ihm".

Diese Dass-Satzkonstruktionen sind mir inzwischen auch (negativ) aufgefallen. Sie scheinen der Dynamik geschuldet, die mich bei einem Erst-Schreiben eines Textes immer ergreifen will. Ich hoffe mal, wenn sich der Text senkt, dass ich sie dann irgendwie textverwobener gestalten kann.

Aber das braucht noch ein bisschen Zeit.

Dir liebe Grüße

Peter

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Lisa
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Beitragvon Lisa » 31.12.2009, 21:56

Lieber Peter,

endlich schaffe ich es, hier auch einmal mit Buchstaben vorbeizukommen - ich habe diesen Text (auch) sehr genossen, die Sprache, das ist mir auch aufgefallen, ist eine Variante zu dem, was ich bisher hier im Forum von dir gelesen habe, einige Formulierungen erscheinen in einem Sinne falsch wie (aus den Dingen) Ver - rückte oft sprechen: durch eine leichte Verschiebung, einen Zerfall, einen schiefzahnigen Dialekt wird etwas ausgedrückt, was sonst aus der Sprache und damit aus der Gegenwart/Wahrnehmung fortgenommen/fortgedrückt wurde, vielleicht auch deshalb Sams Idee der Irrenanstalt.
Ich weiß, ich komme immer mit den selben ollen Kamellen, wenn mir etwas besonders gefällt, aber von der Psychologie, da musste ich an Kleists Erzählen denken und vom Behördlichen an Kafka, beides zusammen wirkt toll (im doppeltem Sinne), auf eine gewalttätige Art befreiend, obwohl alles gefangen bleibt (das Feuer: ein in die Flammen gehen). Die Bewohner, der Vermieter, der Beamte, scheinen mir, obwohl Personen bei all dem am wenigsten Menschen, vielmehr das Haus oder das vorgebgebene Haus scheint mir etwas Menschliches zu erfassen und die Menschen darin sind der Ausdruck von dem, was dann (erst nur an der Oberfläche) abläuft, eine Mechanik...und wenn die kleinsten Unstimmigkeiten zu auffällig werden, bricht die Hölle aus ... aber was für eine Art von Hölle - im Grunde fasst die Geschichte für mich chronologisch einen gegenwärtigen Zustand: die Unstimmigkeit, die behördliche Kontrolle, der Brand ...das alles sind eigentlich für mich Geschehnisse, die die Energie von etwas höchst komplex gepressten Trockenkoloss ausdrücken. Man spürt, wie man doch selbst stetig seinen Nachmittagsschläfchen in einem brennenden Haus verbringt...

liebe Grüße,
Lisa
Vermag man eine Geschichte zu erzählen, die noch nicht geschehen ist?
Es verhält sich damit wohl wie mit unserer Angst. Fürchten wir uns doch gerade vor dem mit aller Macht, was gar nicht mehr geschehen kann, eben weil es schon längst geschehen ist.

Max

Beitragvon Max » 01.01.2010, 19:03

Lieber Peter,

der Text gefällt mir sehr.

Dass er technisch hervroragend ist, keine Beschreibung so, dass ich anderes vorschlüge, sehr gutes Tempo, Phrasierung, ist ja bei Deinen Texten beinahe keine Besonderheit mehr.
Hier fällt mir die (von mir gefühlte) Nähe zu Kafka auf - gerade sehe ich, dass es Lisa dabei ganz ähnlich ging. Der "gesichtlose" Vermieter, der eben Vermieter heißt und eben vermietet, die klaren hierarchischen Strukturen, all das ist so überzeugend dargestellt, dass ich - ähnlich wie bei Kafka - beim Lesen beinahe Beklemmungen bekomme. Aber gerne :-)

Liebe Grüße
Max

Peter

Beitragvon Peter » 10.01.2010, 23:09

Liebe Lisa, lieber Max,

eine Nähe zu Kafka stand mir auch tatsächlich selbst vor Augen, als ich den Text schrieb. Ich dachte an "Das Urteil", in dem es ja auch um kleinere und mittlere Unstimmigkeiten geht, die plötzlich zum Selbstmord des Prot. führen. (Das Überschaubare wird zum Extrem.) Aber vielleicht ist es auch das Gesetz, wie es der Text anführt, was an Kafka denken lässt.

Jener, Lisa, höchst komplex gepresste Trockenkoloss sprang mir übrigens gleich in den Text, und zwar an die Stelle, wo der Kaufvertrag den Deut verrückt auf dem Schreibtisch liegt. Irgendwie ist es der eine Vokal, der genügt, dieses Pressstück (aus Konsonanten?) zu sprengen – so kommt es mir jedenfalls in den Sinn. Ich halte dieses Bild vom Koloss für ein Gegen- oder Summen-Bild zum Text, obwohl ich nicht genau dahinterkomme, warum das so ist.

Über jene Stilfragen, besonders der schiefen Zähne, muss ich aber jetzt nochmal nachdenken, ob ich das nun wirklich so am Text haben will bzw. wollte, oder ob es nicht einer Ausdrucksschwäche geschuldet ist, da ich mich ja doch eher selten an solch vorsätzlichem Schreiben versuche, es ging mir jedenfalls nicht leicht von der Hand. Aber das mag sein, dass es vielleicht eben das Verquerte ist, was hier einen Inhalt schafft, den es sonst gar nicht gäbe ...

Max, das ist schönes Kompliment, dass der Text gewissermaßen aus seiner Fiktion herausrückt und an Wirklichkeit gewinnt.

Euch liebe Grüße,
Peter


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