Cimtíère Montmartre

[wüstenfuchs]

An einem regnerischen Morgen tauchte die Weiße am Cimetière Montmartre auf. Eine verarmte Aristokratin mit blauen Augen und plustrigem Schwanz. Die mageren, hochbeinigen Fellachenkatzen, die für ihre Zähigkeit bekannt waren, beobachteten den Neuzugang misstrauisch.
Sie lauerten hinter dicken Moospolstern und Efeugestrüpp, hinter eingesunkenen Grabplatten und in den Spalten, die in Sarkophagen klafften, wie gefallene Engel.
Cimtière Montmartre war ihre Heimat, eine strenge Heimat, herb und abweisend. Der Friedhof trotzte monumental und ohne Trost durch schützende Bäume der Vergänglichkeit.
Die Weiße sah nicht nach rechts oder links. Sie beachtete auch Lolou, Veruschka und Cocotte, die geheimnisvollen russischen und polnischen Prinzessinnen nicht, deren Leben Bände gefüllt hätte mit ihrer Lebenssucht, sondern lief zielstrebig weiter.
Vor einem mit Blumen geschmückten Grab blieb sie stehen. Eine gläsern gefrorene Kamelie lag mitten im Blumenschmuck.
Die Weiße umrundete das Grab von Dumas' Kameliendame und legte sich hoch aufgerichtet wie eine Sphinx auf den Platz, den sie als den ihren betrachtete. Sie sah stolz in die Runde. Ein erhabenes Denkmal aus Stein und Fell.
Sie fand Schutz bei der Toten. In ihren Augen lag ein fiebriger Glanz, als sie sich zu putzen begann.

[Nicole]

Hallo Fux,

oh, ich mag es, wenn reale Plätze in Geschichten einfließen...

http://commons.wikimedia.org/wiki/File: ... amelie.jpg

Ich habe vor einigen Wochen einen Bericht gesehen, über die Katzen der Friedhöfe von Paris - Straßenkatzen inmitten dieser Metropole. Es ging dort allerdings um einen Tierfriedhof, aber dein "Bühnenbild" erinnert mich an die Bilder des Berichts.

http://www.mdr.de/tiere/tierfilm/3811762.html

Der Friedhof als eine Oase für Streuner ist, ein sehr eigener Lebensraum...

Hier solltest Du einen Tippfehler korrigieren:

Fellachenkatzen, die für ihre Zähgikeit bekannt waren,

Gruß, Nicole

[Sam]

Hallo Ben,

von all deinen Katzengeschichten, die ich bsher gelesen habe, gefällt mir diese am besten. Das mag daran liegen, dass hier die Katzen nicht vermenschlicht werden. Sie werden nur beobachtet. Zwar auch von einem Menschen, aber ohne dessen Blickwinkel auf die Katzen zu übertragen. Im Gegenteil, die Art, wie hier beschrieben wird, sagt mehr über den Beobachter aus, als über den beobachteten Gegenstand. Und das gefällt mir sehr gut.

Liebe Grüße

Sam

[wüstenfuchs]

Danke euch beiden,

ich hatte auch das Gefühl, eine neue Position gefunden zu haben.

Leider habe ich die Sendung verpasst, das hätte mich sehr interessiert,

lieben Gruß

Benjamin

[Mucki]

Hi Ben,

ja, das gefällt mir auch gut. Die Stimmung, in die du den Leser eintauchen lässt vor allem. Sie hat einerseits etwas Geheimnisvolles-Dunkles, anderererseits etwas Erhabendes, ausgedrückt durch die Gesten der Weißen.
Kleine Korinthe: Es heißt Cimetière mit e und nur ein Akzent.

Ich bin gerne eingetaucht in diese Stimmung.
Saludos
Mucki

[Nicole]

Hi Fux,

die Sendung wurde bereits x-Mal wiederholt, ich denke, da kann man sicher einen Mitschnitt o.ä. bekommen.
Ich habe eben mal geschaut und einen kurzen video dazu beim Bayrischen Rundfunk gefunden:

http://www.br-online.de/bayerisches-fer ... 245015.xml

Der Beitrag ist meines Wissens sogar preisgekrönt worden, war wirklich klasse!

Gruß, Nicole

P.S. Der Streuner im film hat übrigens verblüffende Ähnlichkeit mit meinem Hektor...
http://www.blauersalon.net/literaturfor ... al&pic=118

[wüstenfuchs]

Liebe Nicole, vielen Dank für den Link.
Hätte jetzt wahnsinnig gerne das Video, ist wohl aber nicht käuflich.

Liebe Gabriella,

das mit den accents, wissen tue ich es ja, aber das Reintippen macht mich verrückt,

danke für deine Bemerkungen zum Text.

Ich würde ihn gerne ausbauen, aber das braucht Zeit.

Viele Grüße
Benjamin