Augenblick

Bereich für Erzähl- und Sachprosa, also etwa Kurzgeschichten, Erzählungen, Romankapitel, Essays, Kritiken, Artikel, Glossen, Kolumnen, Satiren, Phantastisches oder Fabeln
pavot rouge

Beitragvon pavot rouge » 25.01.2009, 12:23

Prüfungszeit. Wie jeden Nachmittag sitze ich in der Bibliothek und versuche den Stoff des vergangenen Semesters zu repetieren. Worte reihen sich aneinander, der Stoff scheint mir unbekannt. Um mich herum wird intensiv gelernt. Wir, die regelmässigen Gäste des Lesesaals kennen uns inzwischen untereinander und haben doch noch nie miteinander gesprochen. Plötzlich merke ich, wie mich graublaue Augen spöttisch beobachten. Sieht er, wie ich mit dem Prüfungsstoff ringe? Zurückstarren will ich, meinen Blick nicht abwenden, doch sein Blick hält mir nicht stand. Wegschauend macht er ein schuldloses Gesicht, als sei nichts gewesen. Er vertieft sich scheinbar in sein Buch. Doch kurz darauf schauen die stahlblauen Augen erneut zu mir herüber. Nicht mehr spöttisch, vielmehr fasziniert, einladend und distanziert zugleich. Auch diesmal weicht er mir aus und verzieht kurz den Mund. War das ein Lächeln? Ich wende mich erneut den Prüfungsunterlagen zu.




Augen, graublaue Augen, die strahlend mich durchschauen, spöttisch. Als sei ich nicht da. Zurückstarren will ich, den Blick nicht abwenden, doch er hält mir nicht stand. Den Blick umhergleitend macht er ein schuldloses Gesicht, als sei nichts gewesen. Kurz darauf wieder, die stahlblauen Augen schauen durch mich hindurch. Nicht spöttisch nun, vielmehr fasziniert, erstaunt, einladend, doch kalt. Auch diesmal weicht er mir aus und verzieht kurz den Mund. War das ein Lächeln? Ich wende mich wieder den Alltagsgeschäften zu.



[Edit: ursprünglich: doch er hält mich nicht stand
Zuletzt geändert von pavot rouge am 28.01.2009, 11:18, insgesamt 3-mal geändert.

DonKju

Beitragvon DonKju » 25.01.2009, 14:21

Hallo Iris,

erst einmal an dieser Stelle : Ein herzliches Willkommen im Blauen Salon !

Und nun gleich ein wenig Textarbeit hinterher :

Nur ein Flüchtigkeitsfehler ? = "... doch er hält mir nicht stand ..."

Für den weiteren Text ein paar Vorschläge :

"... Den Blick abwendend macht er ein schuldloses Gesicht, als sei nichts gewesen. Doch kurz darauf schauen die stahlblauen Augen wieder durch mich hindurch. Nicht mehr spöttisch, vielmehr fasziniert, erstaunt, einladend und doch kalt. Wieder weicht er mir aus, verzieht kurz den Mund. War das ein Lächeln? Ich wende mich wieder den Alltagsgeschäften zu."

Nun musst Du entscheiden, ob das eine oder andere Dir bedenkens~ und/oder übernehmenswert erscheint oder nicht.

Und Sonntagsgrüße von Hannes

pavot rouge

Beitragvon pavot rouge » 25.01.2009, 19:26

Hallo Hannes,

Bilbo hat geschrieben::

Nur ein Flüchtigkeitsfehler ? = "... doch er hält mir nicht stand ..."


Ein Flüchtigkeitsfehler. In der Handschrift stehts sogar richtig. Ist geändert. Über den Rest muss ich noch ein bisschen nachdenken. Bedenkenswert sind deine Vorschläge auf jeden Fall.

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Ylvi
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Beitragvon Ylvi » 26.01.2009, 08:46

Hallo Iris,

der Titel ist wenig anlockend, macht nicht neugierig, weil das Wort und das Spiel damit doch schon sehr ausgelaugt, verbraucht sind. Aber der Text könnte das für mich auffangen, wenn er mich mit einer neuen, anderen Sichtweise überraschen würde. Das gelingt ihm aber leider nicht. Ich vermisse etwas, das ihn über das Klischee und den alltäglichen „Augenblick“ erhebt oder diesen so beschreibt, dass er wieder sichtbar wird. Das Individuelle, das ihn erzählenswert und lesenswert macht, das eine neue Perspektive oder ein eigenes Erinnern ermöglicht. Oder dass mich der Text sprachlich, klanglich einfangen kann. Ich weiß nun nicht, was ich dir vorschlagen könnte, da der Text wohl insgesamt für mich nicht funktioniert. Vielleicht beim nächsten Text. :-)

liebe Grüße
smile

Nicole

Beitragvon Nicole » 26.01.2009, 15:43

Hallo Iris,

mmmh, da fehlt mir was...

Du startest fast schwülstig-lyrisch: "...Augen, die strahlend mich durchschauen...".
Im Sinnzusammenhang frage ich mich: meinst Du wirklich "durchschauen" oder "durch mich hindurch schauen"? Scheint mir so, wenn ich den nächsten Satz lese.
Dann folgt wiederum ein für mich unlogischer Satz
Zurückstarren will ich, den Blick nicht abwenden, doch er hält mir nicht stand.

Wer, der Blick?
Dann macht Er ein schuldloses Gesicht. Warum auch nicht?
Dann schaut Er erneut:
Nicht spöttisch nun, vielmehr fasziniert, erstaunt, einladend, doch kalt.

Verstehe ich nicht. Er macht erst ein schuldloses Gesicht, dann ein fasziniertes, erstauntes, einladendes, das aber doch kalt ist? Und weicht dann wieder dem Blick des LI aus? Aber er schaute doch gerade noch kalt-einladend?!? (Ich versuche mir den Gesichtausdruck vorzustellen ... gelingt mir nicht, hier sind zu viele widersprüchliche Ausdrücke kombiniert...) Und dann lächelt er. Oder nicht?

Ich bin ein Fan von diesen kleinen Alltagsbegegnungen. Diese möglicherweise unwichtigen und doch vielleicht Eindruck hinterlassenden kleinen Begebenheiten. Der Grundgedanke gefällt mir daher wirklich gut. Aber - und für mich kommt hier ein großes "Aber", es ist in sich nicht logisch. (oder ist es doch, weil LI und Er ein weitere Geschichte verbindet. Wenn dem so ist, möchte ich sie als Leser gerne erfahren...)
So aber bleibt als Gesamteindruck eine ungenau geschilderte Kleinigkeit, die für mich, ähnlich wie für Leonie weit unter ihren Möglichkeiten bleibt.

Liebe Grüße,

Nicole

pavot rouge

Beitragvon pavot rouge » 27.01.2009, 11:48

Hallo,

Danke für eure Rückmeldungen. Wenn ein Leser mit dem Text nichts anfangen kann, ist das natürlich nicht gut. Demfall funktioniert der Text ohne Rahmenhandlung nicht.

Ich meine tatsächlich 'durchschauen', weil 'durch mich hindurchschauen' würde ja bedeuten, dass Er das LI gar nicht wirklich wahrnimmt. Ich meinte es eher im Sinne, dass LI sich bei seiner Handlung irgendwie ertappt fühlt. Wobei 'ertappt' nicht das richtige Wort ist. Dass LI sich von Ihm in der Alltagshandlung beobachtet fühlt und das Gefühl hat, dass Er mehr sieht, als auf den ersten Blick eigentlich zu erkennen wäre. Jedenfalls das 'als sei ich nicht da' gehört auf jeden Fall gestrichen. Ich kann mich momentan gerade überhaupt nicht ausdrücken, hoffe es ist trotzdem irgendwie verständlich.

Demfall mache ich mich an eine Überarbeitung und stelle hier in den nächsten Tagen eine 2. Version rein. Widerpsrüche glätten, Rahmenhandlung, sprachlich ausbessern.

Bis dahin viele grüsse
iris

pavot rouge

Beitragvon pavot rouge » 28.01.2009, 11:21

Hallo,
Version 2 ist eingestellt.
viele grüsse
iris

Sam

Beitragvon Sam » 31.01.2009, 12:29

Halli Iris,

ich bin mal ganz direkt: Mir kommt dein Text vor, wie eine Schreibübung, nach dem Motto: Schildern Sie eine Alltagssituation in weniger als zwanzig Sätzen. Das Ergenbnis ist meiner Meinung nach eher mittelprächtig. Denn die Beschreibungen wirken Alles in Allem doch recht unsicher und holprig. Auf diese kurze Distanz gibt es mir da zuviele Augen, Blicke und Schauen.

Du beschreibst ein sehr banale Alltagssituation. Das kann für einen Leser nur dann interessant werden, wenn es auf sprachlicher Ebene irgendwie fesselt. Das ist dir hier aber nicht gelungen.

Liebe Grüße

Sam

pavot rouge

Beitragvon pavot rouge » 31.01.2009, 13:19

Hallo Sam,

besten Dank für deinen Kommentar. Direkt, ehrlich, genauso wie ich es nach zweimaligem durchschlafen meines Textes erwartet hatte. Den Text kippe ich in den virtuellen Müllkübel. Vielleicht beim nächsten Mal.

liebe Grüsse
Iris

DonKju

Beitragvon DonKju » 01.02.2009, 10:32

Hallo Iris,

sicher hat Sam einige Dinge richtig angemerkt; Aber ich würde nicht so schnell aufgeben, sondern vielleicht den Text erst einmal ruhen lassen und dann neu herangehen; Und dann vielleicht das Spannungsfeld zwischen der schweigenden Ruhe in der Bibliothek und der "einsamen" Lernsituation und dem Dialog, der an diesem Ort nur in Blicken stattfinden kann, um die Ruhe nicht zu stören, versuchen stärker herauszuarbeiten. Aber das musst natürlich Du entscheiden.

Mit sonntäglichen Februargrüßen von Hannes

wüstenfuchs

Beitragvon wüstenfuchs » 03.02.2009, 16:59

Hallo Iris,

ich würde mich Bilbo anschließen.

Das ist eine interessante Ausgangssituation. Das Schweigen, die Staubpartikelchen, die gebeugten Köpfe über den Büchern, die Art des Lichts, die Laubbäume oder die Straße vor dem Fenster und dann plötzlich zupackend der Blick und gleich wieder weg...

Viele Grüße
Fux


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